Leben in Dänemark

Ein guter Tag für Zähne?

Es gibt viele Mitleser, die angesichts dieser Überschrift entsetzt aufstöhnen werden. Schon wieder ein Zahnartikel? Vorsicht, der wird lang!

Ja, denn heute geht das Drama weiter. Freitag der 13. ist ein optimaler Tag für meinen heutigen Eingriff. Denn schlimmer geht immer, ich habe es erlebt!

Bereits während der Schwangerschaft 2012 beglückte ich meinen Zahnarzt mehrmals, weil sich ein eigenartiger Druck im Bereich eines Zahnes entwickelt hatte, wo eigentlich gar kein Druck mehr spürbar sein sollte. Der Zahn war entwurzelt, die Wurzelspitzen nach laaaangem Leiden schließlich abgeschnitten und bereits mit einer zauberhaft gut gelungenen Vollkeramikkrone überkront. „Sie knirschen ziemlich heftig, da kann sich schon mal eine Reizung ergeben. Ist wie bei einem blauen Fleck. Wenn man draufdrückt, tut es weh, wenn man ihn in Ruhe lässt, kann er heilen.“

Nach der Schwangerschaft war der vermeintliche blaue Fleck immer noch spürbar und Rotfrau bestand im Januar 2013 eine Röntgenaufnahme. Oha, da ist eine Entzündung um die Wurzelstumpen. Mittels einer weiteren Sektion wollte man den Bakterien den Garaus machen. Antibiotikum und Schmerzmittel. Die Backe wurde dicker und dicker, das Schmerzmittel half nicht mehr. Neue Vorstellung beim Zahnarzt. Oha, da hat sich eine Fistel gebildet. Noch mal operieren. Nachdem ein Fläschchen Novalgin in rasanter Kürze geleert war und trotz Antibiotikumkeule immer noch keine Besserung eintrat, noch mal Röntgen. Noch mal Operation, um eine weitere Fistel zu entfernen. Rotfrau war schon nur noch ein Häufchen sichtlich erschlanktes Elend. Es war bereits Juni 2013 und die Hochzeit am 6. September winkte schon bedrohlich zum Zahnarztstuhl herüber…

Als der Kiefer offen war, untersuchte der Doktor mittels Ultraschallstab die Wurzelstumpen. Was auf den normalen Röngenbildern tatsächlich nicht zu sehen war, konnte sich so nicht länger verstecken: Bei der Wurzelbehandlung 1998 (kein Scherz, ich weiß es deswegen so genau, weil ich als Berufsanfängerin damals nur eingeschränkte Kostenerstattung für Zahnbehandlungen hatte und die schier tausenden und endlos schmerzhaften Wíederholungsauskratzungen beim damaligen Zahnarzt nicht mehr bezahlt wurden und jener mir dann voller Mitleid die Verplombung schenkte und mich an einen Kieferchirurgen überwies!) war einer der Nervenkanäle gesplittert. Dortige Bakterien durften sich 14 Jahre wohlfühlen und während meines geschwächten Zustandes während der Schwangerschaft konnten sie den Kampf gegen das Immunsystem gewinnen. Irre, nicht wahr?

Der Zahnarzt holte sich Rat bei seiner Kollegin ein und beide rieten mir also im Juni, zwei Monate vor meiner Hochzeit, zu einem Reißen des Übeltäters. Ade, du wunderhübsche Keramikkrone. „Die Braut trägt Zahnlücke“ war der Titel des damaligen virtuellen Aufschreis.

Rotfrau wusste bereits 2013, dass sie sich auf den Weg in den Norden machen würde und plante vorsorglich eine Vollsanierung ihres Gebisses noch in Deutschland. Hahaha, was für ein genialer Plan!

Röntgenaufnahme, Kostenvoranschlag, Kronen, Implantat, Genehmigungsprozeduren. Implantatoperation usw.

2014 war längst angebrochen. Im Frühsommer dann eine erneute Röntgenkontrolle, um zu sehen, wie denn das Implantat eingeheilt war.

„Herzi, die oberen zwei Zähne kann ich dir nicht überkronen!“ (Mein Zahnarzt und ich duzen uns inzwischen..)

Warum?

„Da sind zwei fette Zysten an den Wurzeln dran! Wenn ich dir die überkrone, dann hast da wieder des gleiche Drama, wie mit dem unteren Zahn. Es gibt Leute, bei denen haut das mit Wurzelbehandlung als Endlösung nicht hin.“

Das erklärte mir auch, wieso ich bei jedem stärkeren Schnupfen trotz „ermordeter“ Backenzähne (das war übrigens auch schon 2006) immer brachiales Zahnweh hatte. Ach.

So riss er mir im Juni 2014 noch zwei Backenzähne. Da die sich genau über dem Loch mit der Schraube befunden hatten, kann Rotfrau seit diesem Tag eigentlich nur auf der rechten Seite kauen.

„Des kriegen wir noch hin, bevor du abhaust! Und um Weihnachten rum papp ich dir neue Zähne drauf“, so der Plan des Doktors. Neuer Kostenvoranschlag, passt. Lastwagen kommt erst am 13. September.

Das Problem war, dass nach dem Reißen das eigentliche Problem erst begann! Normale Menschen lassen sich Zähne reißen, weinen und dann heilt das Ganze. Rotfrau war bereits am dritten Tag nach dem Reißen wieder in der Praxis.

„Magst einziehen bei mir?“

Jedenfalls wurde die Wunde gereinigt und ein Antibiotikum verordnet. Dazu wieder Novalgin.

Nach dem Ziehen der Fäden immer noch kein Ende. Die Sommerferien brachen an und Rotfrau weinte bittere Tränen im Zahnarztstuhl, als man ihr auf den inzwischen blank liegenden Kieferknochen einen Streifen mit irgendeinem Zinkmedikament draufbastelte. Betäuben ging nicht mehr.

Heute haben wir den 13. März 2015. Rotfrau wohnt inzwischen in Nordjütland und die geplante Behandlung „um Weihnachten rum“ scheiterte daran, dass mein Lieblingszahnarzt in allen Schulferien verreist und es sich gut gehen lässt. Da der gsM im ersten Arbeitsjahr keinen bezahlten Urlaub hat, kann Rotfrau die geplante Behandlung in Deutschland nicht mehr abschließen. Im Januar war ich also bei einer dänischen Implantatklinik vorstellig und bis heute warte ich auf das Formular, das ich zur Kostenerstattung vom Zahnarzt ausfüllen lassen muss. Vielleicht kann ich es ja heute aus dem Briefkasten holen und gleich mitnehmen, denn angeblich „ist das schon am 9. März rausgegangen!“. Auf welchen Kosten ich sitzen bleibe, das weiß ich nicht, aber dass ich doch bitte eine Übersetzung der Rechnung beilegen soll, das weiß ich schon. Lustig.

Heute um 14:30 Uhr bekomme ich zwei neue Dübel. Ich geh da auch ohne den Wisch von der Versicherungsanstalt hin. Ist mir Wurst! Der Termin war schwer zu bekommen und ich will Zähne Schrauben. Ich hoffe, dass man in den hässlich verstümmelten Kiefer noch anständige Implantate setzen kann. Das ist nach der Entzündung nämlich richtig entstellt und etwas deformiert verheilt! 

Und irgendwann werden dann wohl bitte Zähne auf den dann drei Schrauben drauf sein. Kann das heute mal ganz normal ablaufen? Kann ich mal ganz normal heilen? Darf ich bitte einfach nächste Woche zum Fäden ziehen gehen und ein „Du har styr på det“ hören? Einmal. Wenigstens ein einziges Mal?

Ich habe eigentlich keine Angst vor der Operation. Denn schlimmer kann es doch gar nicht mehr werden. Und Freitag der 13. ist eher ein Glückstag. Sagt man…

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Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

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