Reisen in Dänemark

Göttingen, mir graut vor dir!

Autoreisen mit Zwillingskleinkindern – ein Erlebnisbericht

Wenn man mit kleinen Kindern eine weite Reise antritt, muss man folgende Punkte bedenken: Sicherheit + Erholungspausen + Reisedauer.

Ganz klar, weite Reisen brauchen Zeit, d.h. man muss so planen, dass ein großer Weg zurückgelegt werden kann, während es den Kleinen gut geht und sie bei Laune sind – oder wenn sie schlafen. Sind sie nämlich nicht mehr bei Laune, müssen sämtliche Insassen und vor allem der Fahrer darunter leiden.

Wir haben zwei verschiedene Möglichkeiten ausprobiert auf unserer Reise von Nordjütland bis nach Südostbayern und zurück.

Auf dem Hinweg sind wir am Abend um 20:15 Uhr losgefahren, nachdem die Kinder einen abwechslungsreichen und für sie anstrengenden Tag erlebt hatten. Wir hofften darauf, dass friedliche Erschöpfung sie bald einschlafen ließ und wir schnurstraks die 1250 Kilometer in der Nacht durchbrausen konnten. Der Belgier kuschelte sich schon um dreiviertel neun in seinen Sitz, der kleine Wikinger brauchte bis zum Elbtunnel runter, bis ihm die Augen zufielen. Der Arme saß brav und völlig verwirrt im dunklen Auto und spielte mit seinen Fingerchen. Ohne häufige, lange Pausen und ohne größere Vorkommnisse sausten wir durch die Nacht und erreichten am nächsten Morgen um halb neun unser Firstclassappartement. Für die Kinder war es sicherlich die angenehmste Variante, da sie die langen Stunden Autofahrt überwiegend schlafend verbrachten. Für uns Eltern – wir wechselten uns bei laufendem Motor ab, damit die Kleinen nicht wach wurden! – war diese Fahrt sehr anstrengend. Sicherlich ist in der Nacht wenig Verkehr und man kommt mit 12 Stunden bei gemütlicher Geschwindigkeit super zügig durch, aber!

Man hat ohne Nachtschlaf am nächsten Tag zwei relativ muntere Kleinkinder, um die man sich kümmern muss! Das ist echt übel!

Wir fühlten uns fix und alle und beschlossen, auf der Heimreise Variante 2 anzuwenden.

Abfahrt am Nachmittag und so weit fahren, wie es nur geht und dann ein Hotel suchen. Fahren bis zum Plärren. Wann plärren die Kleinen? In unserem Fall war bei Göttingen Schluss mit lustig. Die Kinder waren erledigt und wollten schlafen. Papa Gockl „schickte“ uns in ein nahe bei der A7 liegendes Hotel, geschwind ein Familienzimmer mit brauchbarem Preis telefonisch reserviert. Wir sind immerhin eine Familie mit drei Kindern und haben bislang leider noch nicht im Lotto gewonnen. Aber wäre ich nicht mit zwei völlig erschöpften Kleinkindern unterwegs gewesen, so hätte ich mich nach der Zimmererkundung sofort wieder an die Rezeption begeben, um wieder abzureisen. Grauenhaft! Das Personal war rührig und wir fühlten uns liebevoll aufgenommen. Die Betten im Elternzimmer waren bequem und man konnte anständig darin schlafen. Der Preußenbayer im Nebenraum allerdings nächtigte fast sitzend in einer Matratzenkuhle. Die Babymänner schliefen unruhig in ihren Reisebettchen, welche im geräumigen Zimmer bequem aufgestellt werden konnten. Das Frühstück war einfach, aber richtig wohlschmeckend. Aber!

Im Traditionshaus durfte vermutlich früher in den Zimmern geraucht werden. Rotfrau lag in der Nacht lange Zeit wach, weil ihr schaler, schwerer Rauchgeruch den Magen umdrehte. Den Teppich muss man wirklich mal rausreißen! Das Badezimmer war ekelig und vernachlässigt. Bad - Kopie

Ich habe nichts dagegen, wenn Möbel und Ausstattung altmodisch sind, solange man sorgfältige Pflege erkennen kann. Manchmal sind alte Hotels herrlich schrullig. Aber sichtbare Vernachlässigung kann auch das liebevollste Personal nicht ausgleichen. Sehr traurig. Und da ärgern mich auch 112 Euro!

Am heutigen Morgen also wieder zurück auf die Autobahn. Deutsche Raststätten sind definitiv der Horror für alle Kleinkindzwillingseltern. Die Wickelräume sind teilweise HINTER (!) den Bezahlschranken oder man muss schon mal den Schlüssel gegen ein Pfand erbetteln (Führerschein oder Schlüssel abgeben!). Spielecken gibt es einfach nicht, manchmal muss eine Maltafel oder ein Puzzlehaus reichen. Auslauf? Tobeecken? Kann man vergessen. Manchmal findet man draußen eine Rutsche und einen widerlichen Sandkasten, aber nicht immer kann man mit den Kindern draußen rumhüpfen! Und wenn die Kleinen dann im Gastraum schreien, weil sie halt nicht rumlaufen KÖNNEN, weil weder Platz noch Möglichkeiten vorgesehen sind, dann regen sich die anderen Gäste auf. Überteuerte, bescheuerte Kindermenüs mit Spielgelumpe sollen darüber hinwegtäuschen, dass Kleinkinder eher eine lästige Begleiterscheinung zahlender Erwachsener sind. Wir Eltern zahlen weit mehr als Nörgelopi mit Handtaschenkötertussi! Wir brauchen nämlich nicht nur Kaffee, Würstchen und Pommes in rauen Mengen, sondern mindestens eine Apfelschorle mehr als Personen! Eine fliegt nämlich sicher immer um…

Normalerweise vermeiden wir Raststätten, verlassen lieber die Autobahn und bleiben an einem Feldweg stehen. Wir kaufen uns vorher frischen, wohlschmeckenden Proviant und benutzen eine solide Picknickdecke. Kinder brauchen nämlich Auslauf, kindgerechtes Essen und auf Raststätten gibt es das einfach nicht. Rasende Parkplatzsucher auf einem Gelände ohne Gehsteige (tatsächlich heute so erlebt bei Hamburg!) sind einfach brandgefährlich, weil auf tapsige Kleinkinder keine Rücksicht genommen wird! Wenn die Kinderchen in der Natur frei toben und laufen konnten, dann kann man mit ihnen im Anschluss wieder ein längeres Stück fahren.

Für die Fahrt von Göttingen bis Aalborg brauchten wir heute nicht nur reichlich Nerven – am Ostersonntag kann man nämlich keinen frischen Proviant kaufen und daher mussten wir in Raststätten „rasten“ – sondern auch geschlagene 9 Stunden!!!

Nun sitze ich auf meinem Heimatsofa und hab die Nase voll vom Autofahren. Und noch mehr von den Raststätten. Bis zum nächsten Mal. Aber DA schlafen wir aber lieber wieder in Hildesheim. Beim Herrn Lindemann, weil bei dem war es so richtig schön für alle und sauber und angenehm und köstlich und überhaupt  🙂

PS: ich sollte einen Michelin für Raststätten und Hotels schreiben. Rotfraus Familiencheck. Wer uns gut aufnehmen kann, der ist empfehlenswert.

Teilen:

Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

6 Comments

  • meermond

    Liebe Frau Wortgestöber, auf meinem Blog geht es gemütlich zu. Ich freu mich über jede einzelne Äußerung, über jeden (neuen) Mitleser. Wenn jemand mit mir sprechen möchte, darf er das gerne tun, wann immer er/sie dazu Zeit findet 🙂
    Wahrscheinlich bin ich auch schon nordisch entspannter geworden. …
    Ich mag den Mc Würg übrigens überhaupt nicht. Weder an Autobahnen noch in Sehenswürdigkeiten.
    Venlige hilsner, Meermond

  • puenktchenundwortgestoeber

    Das kann doch wohl nicht wahr sein,? für so ein versifftes Hotel 112 €? Das können die nicht ernst gemeint haben. Da wäre ich trotz Kleinkinder ganz schnell geflüchtet.Es findet sich immer noch was anderes, meine Erfahrung Und Dein Raststättenproblem, sind die bei euch besser? Und weist Du, ich habe immer Angst vor Eltern mit Zwergen, weil ich immer nicht genau weiß ob die Zwerge mir nicht aus Versehen vors Auto laufen, wenn Papa und Mama mal nicht aufpassen Ich wäre also für ordentliche Bürgersteige auf allen Raststätten.
    Liebe Grüße
    Wortgestoeber

    • meermond

      Die dänischen Raststätten sind kleiner als deutsche. Pipi ist da umsonst, Wickeln sowieso. Die Dänen sind allgemein ruhiger und weniger aggressiv, was sich sowohl im Straßenverkehr als auch im Umgang mit Kindern bemerkbar macht. Kinder sind oft unberechenbar und als Eltern kann man leider nicht immer die Augen überall haben oder Dummheiten verhindern. Auch wenn man noch so gerne möchte. Grüße zurück 🙂

      • wortgestöber

        Hallo Meermond,
        ich habe es leider nicht geschafft Dir gestern noch zu antworten. Das was Du schreibst von dänischen Raststätten ist eben typisch Norden. Allein der Verkehr , eigentlich das Verhalten der Verkehrsteilnehmer, wird ja auch in Deutschland schon angenehmer , je weiter man nach Norden kommt. Allerdings finde ich bei der Einrichtung nun für die Benutzung zahlen zu müssen gar nicht so schlimm, das meiste Geld bekomme ich doch in Gutscheinform wieder zurück. ( Pünktchen sammelt die Gutscheine im Auto ein , es kommt immer genug Geld für eine „Zeit dabei heraus)Und die Einrichtung ist entschieden sauberer geworden. Viel weniger angenehm finde ich, das die Raststätten jetzt von dem rot -gelben Amerikaner und seinen Konkurrenten übernommen wurden . Ich mag nämlich nicht „supersized“ werden und ich finde es stinkt da . Wie denkst Du da drüber?
        Liebe Grüße in den Norden
        Wortgestöber

Kommentar verfassen