Leben in Dänemark

Dänemark drakonisch: Hier verfehlen Sie gepfeffert!

Wir geben es zu.

Wir haben noch nicht wirklich den allumfassenden Überblick, wie wir ihn in Deutschland hatten. Wir haben uns im November ein Haus gekauft und wurden in den vergangenen Monaten erst einmal fulminant überrascht, was und wo und wieviel und warum und wie überhaupt wir Rechnungen zu bezahlen haben. Vor allem die seltsamen Abrechnungszeiträume sind für einen hier lebenden Deutschen reichlich verwirrend.

So bezahlten wir beispielsweise unsere Hypothek im März rückwirkend auf drei Monate, die Fernwärme rechnete im Januar ab November ab, die der deutschen Haus- und Grundsteuer ähnliche steuerliche Abgabe wird zweimal im Jahr verlangt und was ich jetzt da als jährliche Vorauszahlung bis Ende April leisten soll und was laut Steuerberater aus Flensburg schon wieder mit selbiger Steuer vergleichbar ist, weiß ich nicht. Und wieso muss nur ich das zahlen?

Ganz lustig sind auch so komische weiße Zettelchen (DinA6 Format) im Briefkasten, auf denen eine Nummer angegeben ist, die man bei der Bank angeben soll. Mit dieser Nummer steht dann sofort der Empfänger fest, an dem der bereits eingetragene Betrag gezahlt werden muss. Geld? An wen und wieso?

Wir werden bedauerlicherweise noch immer hin und wieder überrascht und so wissen wir nun leider auch, dass Mahnungen in Dänemark brutal teuer sind. Hat man mal eine Rechnung oder ein Bezahlsystem nicht schnellstenstenstusw. bezahlt, flattert eine Mahnung ins Haus. Die ist dann aber schon aus Papier und man denkt nach.

Was habe ich vergessen oder nicht kapiert? Jawohl, kapiert!

Denn schließlich bekommt man ja nicht immer gedrucktes Papier in den Briefkasten, sondern auch mal eine SMS mit „Du har fået digital post“ oder eben einen merkwürdigen, durchsichtigen Zettel, mit dem man überhaupt nichts anzufangen weiß. Wenn man die SMS unterwegs zugestellt bekommt, ist das blöde, denn eben genau diese SMS ist eine sehr bestimmte Aufforderung, in sein digitales Postfach zu gucken, in das Finanzamt oder andere Behörden ihre Rechnungen und Bescheide versenden. Zum Einloggen benötigt man eine spezielle Codekarte, die ich aus (deutscher) Argwohn nicht immer mit mir rumschleppe und so lese ich meine Aufforderung und dann vergesse ich schon mal.

Entschuldigung, ich bin Mutter zweier trotzender Kleinkinder und permanent übermüdet!

Nun, abschließend sei festgehalten, dass „rykke“- Gebühren hier enorm hoch sind. Mindestens 100 kr, also 14 Euro, blättert man für die erste Mahnung hin. Plupp, einfach so. Und dabei dachten Sie, der kleine Zettel vom Sportverein wäre eine Mitgliedsbestätigung gewesen, weil Sie sowas vorher noch nie in den Händen hatten.

Das Wasserwerk ist noch fieser und schneller als alle miteinander und beim Finanzamt – dem Schatzamt, wie es hier heißt – muss man sogar 400 kr bezahlen, wenn man der Meinung ist, dass man falsch berechnet wurde und Einspruch erhebt. Jahaaa, velbekomme!

In Dänemark bezahlt man auch eklatant hohe Strafen, wenn man sich im Straßenverkehr falsch verhält. Ein Parkticket in Aalborg kostet auch schon mal bis 150

EURO!

Unter 70 Euro kommt man jedenfalls nicht davon.

Fährt man in Dänemark auf der Autobahn nur  lumpige 10 kmh zu schnell, können Sie heftig in Ihren Geldbeutel weinen, während man in Deutschland frech auf die 3 kmh – Toleranz pocht und sich dann mit lumpigen Kleinstbeträgen davonlächelt. Falschparken ist billig, zu selten kontrolliert und bei entsprechendem Drama auch schon mal mit Milde gratis möglich.

Die Folge davon habe ich beim Bügeln im Fernsehen gesehen: In Köln wird fleißig falsch geparkt – lieber zahl ich schlappe 15 Euro oder komme mit einem Beschimpfungstheater glimpflich davon. Die armen Kontrolleure, was ich da beim ZDF gesehen habe, fand ich ein wenig beschämend.

Ich habe tatsächlich schon mit Leuten gesprochen, die es lieber riskieren, „mal ein Ticket“ zu bekommen, als ständig Parkgebühren zu bezahlen. Man wird ja schließlich nicht immer erwischt, gibt ja nicht so viele Kontrolleure. In meiner Heimatstadt gab es auch mehrere solche hochnäsigen Prolls, die mit ihrem Protzeimer in der historischen Altstadt – in der Fußgängerzone – rumgeschüsselt sind, laute Beatbox oder wedelndes Cabriohaar inclusive – natürlich.

Würde man an der Preisschraube drehen, würde sich da gewiss einiges ändern. Falschparken in der historischen Altstadt? 150 Euro bitte! Und damit könnte man auch mehrere Kontrolleure anstellen.

Und auf der Autobahn muss auch unbedingt was getan werden, so geht das nämlich nicht weiter.

Jawoll, der Deutsche lässt sich kein Tempolimit aufdrängen.

„Es muss erlaubt sein, seinen Fahrspaß ausleben zu dürfen.“

Ja, aber bitte auch alle!

Nicht jeder kann sich ein PS-Ungeheuer leisten, nicht jeder kann mit 160 kmh dahinsurren, weil ihm in der Billigkiste, die sein Budget bis an die Obergrenze belastet, sonst die Ohren davonfliegen. Nicht jeder, der wenig PS hat, möchte permanent hinter den schier endlosen LKW-Schlangen rumeiern. Und wenn man mit wenigen PS mit 80 kmh auf die linke Spur ausschert, braucht man eben ein bisschen länger, bis man eine zügige Geschwindigkeit hat. Man tritt ängstlich das Bodenblech durch und schwitzt sich förmlich zu Tode, weil man im Rückspiegel einen Großwagen mit gefühlten 3000 kmh heranbrausen sieht. Selbiges Auto verfügt offenbar über keine defensive Bremse, sondern nur über offensive Licht-/oder Akkustikhupe. Man schwitzt noch mehr und hofft, das Großauto rammt einen nicht, wenn es seine Drängelbewegungen nach links und rechts ausführt. Man will doch nur überholen und mit 130 kmh weiterfahren dürfen!

Nein, darf man nicht.

Da es wohl nie eine Geschwindigkeitsbegrenzung geben wird, plädiert Rotfrau hiermit auf folgende Gesetzesänderung. Die Großautobesitzer mögen nun verächtlich gegen den Bildschirm spucken und mich inbrünstig hassen:

In Zeiten des Handys sollten auch private Filmaufnahmen über ein drängelndes Auto als Beweisstück zugelassen werden. Brutalst hohe Strafen (sagen wir mal mindestens 1000 Euro, exponentiell ansteigend) sollten den wahnsinnigen Abstandsverweigern den Rennspaß im Großkübel vergällen. Und eine prozentuale Beteiligung des Filmers an der eingenommenen Strafe würde dazu führen, dass viele Leute dazu beitragen würden, das Fahren auf deutschen Autobahnen für Familien mit mehreren Kindern – die sind es nämlich meistens, die sich keine schnittigen, familienuntauglichen Schnellautos leisten können – endlich gefahrloser werden zu lassen.

So, Sie dürfen spucken! Gerne auch ins Kommentarfeld 🙂

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Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

10 Comments

  • puenktchenundwortgestoeber

    Ich habe bei allen die mich fragen , angegeben“ ich habe kein Mobilphone“, da kann ich auch keine SMS mit Zahlungsaufforderung bekommen. Ich gebe auch nie meine E- mail an, bei Behörden oder anderen die Rechnungen verschicken. Neulich habe ich mal wem gesagt, der penetrant meine E- mail Adresse haben wollte, „Email… ich weiß nicht ob der Emailletopf eine Adresse hat“ das hat prima gewirkt, seit dem gelte ich zwar als antiquiert, aber ich bekomme alles per Brief, von Finanzamt und von allen die Geld möchten;-)
    Warum probierst Du das nicht auch in Dänemark, ich bin sicher es gibt da auch Menschen die kein Internet haben und kein Mobilphone, und wenn diese Institutionen Geld wollen, werden sie schreiben.
    Liebe Grüße
    Wortgestoeber

    • meermond

      Leider ist man hier ziemlich rigoros mit der Digitalisierung. Für die älteren Menschen gibt es Computerstationen im Rathaus. Dort wird man unterstützt.
      Und vieles ist tatsächlich unfassbar einfacher, weil es schnell und, wenn man es durchschaut hat, unkompliziert. Die Omas gehen mit den durchsichtigen Zettelchen zur Post. Da überweist dann die nette Person am Schalter. Ist für uns Deutsche etwas befremdlich, die Dänen nehmen es gelassen.
      Venlige hilsner 🙂

  • Zoé

    Also in Dänemark fahren und in Deutschland zahlen wäre super 😉
    In Deutschland gilt halt freie Fahrt für freie Bürger. Direkt nach dem 2. Weltkrieg gab es erstmal gar keine Geschwindigkeitsbegrenzungen. Erst nach vielen Verkehrsunfällen kam man auf die Idee, dass es vielleicht doch ratsam wäre nicht jeden durch die Stadt brettern zu lassen, was der Bleifuß hergibt. Aber inzwischen ist da ja noch die Auto-Lobby, die da steht und sagt: Wir entlassen jeder 5000 Leute, wenn ihr ein Tempo-Limit beschließt.
    Seufz! Ich würde mich auf weniger agressiven Autobahnen auch wohler fühlen.

    • meermond

      Ich verstehe nicht, wieso man eine Anpassung an momentane Verkehrsverhältnisse nicht einfach als zwingend notwendig erachtet. Deutschlands Autobahnen sind überfüllt, die vermeintlich freie Fahrt ist doch sowieso längst Geschichte. Auf den Autobahnen ist es überfüllt und wirklich sehr gefährlich, gerade für die „Kleinen“. Und es wird immer schlimmer! Ich finde es entsetzlich, dass man derartige Aussagen („Wir entlassen jeder 5000 Leute….“) tatsächlich so in den Raum stellen kann. 🙁

  • 1plus1ist4

    Wie wunderbar! Also nicht das verwirrende dänische Rechnungs- und Bezahlsystem. Nein, das ist wirklich gruselig. Oh je. Ich drück die Daumen, dass ihr da bald besser durchblickt!
    Aber die Beschreibung der Überholung auf der Autobahn ist wirklich grandios ;-). Genauso, aber wirklich genauso ging es mir auch immer mit meinem kleinen 75 PS Auto. Ach ja 🙂

    • meermond

      Naja, ganz so planlos sind wir inzwischen nicht mehr, aber am Anfang waren wir tatsächlich deutlich verwirrt 😉
      Und welches Auto fahrt ihr jetzt, ihr habt ja auch Zwillingskrümelchen?

      • 1plus1ist4

        😉
        Wir haben einen Skoda Oktavia, 120PS, und stoßen jedesmal an seine Kapazitätsgrenzen, wenn wir weiter wegfahren. Mit zwei Kindern geht das aber noch. Im Sommer leihen wir uns dann erstmal einen Dachgepäckträger und schauen ob sich das lohnt. LG

        • meermond

          120 PS hatten wir auch mal. Ach 🙁
          Da man mit kleinen Kindern schier Tonnen an Gelumpe benötigt, ist ein Dachgepäckträger eine gute Idee! Wir haben uns für eine Anhängerkupplung entschieden 😀

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