Leben in Dänemark

Überlandfahrten in Nordjütland

Wir kommen aus einer relativ dicht besiedelten Region in Bayern.

Wir lebten einst im Speckgürtel einer Boomtown, wie man geografisch sagen würde. Nebenbei bemerkt ist diese Boomtown die weltbeste Stadt der Welt, aber es tut ihr nicht gut, dass sie wie gesagt eine Boomtown ist.

Irgendwie erstickt die schönste Stadt der Welt unter den vielen Menschen und Autos, überall wird gebaut – nicht alle bauen hübsch! Viele Architekten haben offenbar Betonklötze statt Augen! -, alles wird zugeplastert und in tokiotischer Manier vollgestopft. Wo viele Menschen sind, da steigen der Adrenalinspiegel und das Tempo. Eine entspannte Autofahrt ist leider eine Ausnahme. Zu voll, zu laut, zu viel.

Wenn man die Zivilisation in Nordjütland hinter sich lässt, befindet man sich schnell in einer großen Weite. Man kann nicht sagen, dass es das Nichts ist, denn die Region wird landwirtschaftlich intensiv genutzt und ein echtes Nichts gibt es in Industrienationen im Jahr 2015 nicht mehr. Trotzdem kenne ich weitläufige Landstriche, in denen beinahe ein Nichts ist. Keine Menschen, kein Haus, kein Weg, nur Grün. Zwischen den Dörfern und Städten sind wesentlich größere Grünflächen als in meiner alten Heimat.

Rotfrau braucht Menschen, Stadtrummel und -bummel, Geschäfte, Konzerte, Partys, Cafés, Kunst, Kultur, Musik und geballtes Leben. Ich bin schon immer gerne unterwegs gewesen und ich liebe das auch. Ich bin nicht ich, wenn ich nicht „raus“ darf. Die ersten Festivalkarten hängen schon am Kühlschrank und die nahenden Konzerttage im Nachbarort sind auch schon rot im Kalender markiert 😉

Rotfrau braucht Ausgleich. Ich liebe die wilde Natur Skandinaviens und ich verliere mich so gerne in den nordischen Weiten. Ich finde es wirklich schön, dass ich nicht erst eine Weile Auto fahren muss, um der Zivilisation den Rücken kehren zu können.

„Bei uns ist es auch leer!“, mag der eine oder andere südliche Mitleser einwerfen. [Stimmt schon, weiß ich doch und ein ordentlicher Stich im Herz ist da, wenn ich an meine alte Heimat denke. Und an die Menschen dort. 🙁 ]

Trotzdem ist die Leere hier anders und das gefällt mir sehr gut.

Der Kontrast ist hier stärker, es scheint diese ´Übergangszone´ zu fehlen. Man muss nicht erst ein Stück fahren, um eine Stadt mit all den vielen Umlandgemeinden und deren Möglichkeiten hinter sich zu lassen.

Ich kann zu Fuß zur Bank oder zum Sp A.r gehen, mein Bub könnte mit dem Fahrrad zum Gymnasium oder ins Schwimmbad fahren. Auf der anderen Straßenseite wäre eine kommunale Tagesmutter, vom Balkon aus sieht man einen der beiden Kindergärten und am Vormittag höre ich die Schulkinder im Pausenhof lachen. Die Autobahn ist lächerliche 2 Minuten Fahrzeit von uns entfernt und in 25 Minuten parken wir mitten im Zentrum von Aalborg. Hirtshals und Frederikshafen, die Tore zu Schweden und Norwegen, können wir in lächerlicher Fahrzeit erreichen. Wir haben Universitäten, Weltkonzerne und Flugplatz quasi vor der Nase. Wenn wir das wollen.

Denn gehe ich hinten aus dem Garten raus, beginnt ein „Nichts“. Lediglich vereinzelte Gehöfte durchbrechen die Weite. Einfach plattes, weites Land.

Und als ich gestern um 21 Uhr von der Sprachschule nach Hause fuhr, ist mir die Leere wieder einmal so richtig aufgefallen. Diese Leere ist still und wunderschön. Und trotzdem ist es kein wirkliches >Nichts<.

Schön, nicht wahr?

Heimweg - Kopie

*Leider ist die Handycamera eher miserabel. Es war viel heller und leuchtender draußen…

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Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

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