Umzug nach Dänemark

Am siebten Tage sollst du ruhen?

Mag ja sein, dass das Gottes Wort war, aber in Nordjütland hat das keiner gehört!

Wie ich bereits mehrmals erzählt habe, sind am Sonntag sämtliche Supermärkte geöffnet und halb Nordjütland rennt in den Baumarkt Männermarkt. Überall ist man fleißig und umtriebig.

Wie Buntschwägerin vor ein paar Tagen richtigerweise bemerkte, leben wir inmitten eines „Spießerviertels“. Jawoll, konservativ und spießig, denn wir wollten das so.

Lauter brave Leute um uns herum, die emsig wie die Ameisen Haus und Hof in Stand halten, sich grüßen, sich Beileid aussprechen, aufeinander aufpassen, miteinander plaudern und sich freuen, dass alles rundherum so wundervoll spießig und ruhig ist. Wäre vorgestern in der Nacht nicht um 1 Uhr ein kleines Feuerwerk veranstaltet worden („Geliebter, da hat jemand geschossen!“ – so hört es sich nämlich an, wenn man durch einen Knaller aus dem Schlaf gerissen wird!), hätte niemand gemerkt, dass im Haus des Rollstuhlfahrers eine Feier gewesen sein muss. Nach nur vier Raketen und fünf Freudenschüssen war wieder absolute Totenstille.

Das Wochenende wird nicht nur zum Sport, sondern vor allem für Haus und Familie genutzt.

Und es wird fleißig gearbeitet. Dabei ist es Wurst, ob es Samstag oder Sonntag ist. Man darf in Nordjütland an jedem Tag Rasen mähen und das auch noch nach 20 Uhr. Niemand meckert. Nicht, dass die dänischen Rasenmäher weniger laut brummen würden, aber durch den fehlenden Druck durch lächerliche Öffnungszeiten der Sammelplätze (in Bayern heißen die Wertstoffhof und haben am Samstag von 9 bis 12 Uhr geöffnet) entzerrt sich das Gebrumme auf sieben Tage und Abende der Woche! Am Sonntag mähen nur die zwei üblichen Verdächtigen 😉 und es stört wirklich nicht, wenn der bebrillte Smokingtrinker fröhlich winkend und lächelnd auf seinem Rasenmähertraktor durch die Siedlung fährt und den Gemeinschaftsstreifen mäht.

Am gestrigen Samstag war offenbar allgemeines Heckenschneiden angesagt. Sogar der Verwalternachbar sprang regelrecht um sein Gehöft herum, sämtlicher Nachbarn Anhänger fuhren an unserem Garten vorbei.

Da wir gestern nicht in der Verfassung zu klaren Gedanken waren, haben wir uns dem Geschnippel nicht angeschlossen und den Tag in sonniger Trance verblödelt und für den heutigen Sonntag einen Strandausflug ins Auge gefasst. Hecke kann warten.

Allerdings ist uns gestern auch aufgefallen, dass von den alten Terrassenplatten rostige Nägelchen herauszuplinkern beginnen und schwupp, war man auch im großen roten Haus geschäftig. Platten entsorgen und Betonsockel „hochdruckern“. Am Sonntag.

Der Smokingtrinker fuhr irgendwie extra langsam und neugierig guckend vorbei und die gefühlte halbe Nachbarschaft war eifrig mit Staunen beschäftigt.

Im Januar hatte der Sturm Bodil unser Mäuerchen schlichtweg umwerfend gefunden und der Blick auf unsere Terrasse war nach über 20 Jahren wieder frei geworden. Die wackelig vermorschten Holzplatten sollten sowieso nur noch diese Saison drauf bleiben, aber rostige Nägel und nackige Kleinkinderfussis gehen leider überhaupt nicht. Der blanke Beton sieht nun tatsächlich besser aus als die Wackelplatten und ich bin schon gespannt, was die „Bauaufsicht“ vom Eckhaus dazu sagen wird, hihi!

Zurück zum siedlungsweiten Heckenschneiden. Viele Scheren ratterten in der vergangenen Woche und vor allem an diesem Wochenende zwischen akkurat gespannten Schnürchen und überall blitzt inzwischen das sauber gestutzte Grün. Kaum mehr Wildwuchshecken zu sehen. Bis auf die Hecke der Tagesmutter (sie haben ihr Haus verkauft) und

die unseren.

Der Verwalternachbar fand die Idee, die Nagelbretter zu entfernen sehr richtig und er ist sogar mal kurz auf einen Ratsch rüber gekommen.

Und zufällig hat er uns auch seine große Heckenschere mitgebracht. Unsere kleine, neu erworbene sei nämlich nicht so geeignet für die Riesenhecke. Da brauche es schon was stärkeres. Er sei jetzt fertig mit seiner Arbeit und mit seiner Heckenschere bräuchten wir nur eine halbe Stunde für die Hecke zwischen unseren Grundstücken. Seinen Anhänger dürfen wir uns auch ausleihen.

Was will er uns bloß damit sagen?

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Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

11 Comments

  • Silberkopf

    Liebe Rotfrau
    Das mit der „Spießersiedlung“ war natürlich mit einem Augenzwinkern gemeint. Wir fuhren durch euren Ort mit einem ehrfürchtigen Staunen. So schöne Häuser mit sehr gepflegten Vorgärten.
    Wir sahen einige Anwohner nur von ihrer Rückseite, weil sie mit Unkraut entfernen beschäftigt waren.
    Kein Wunder das die Gärten so gepflegt sind..wenn man 7 Tage die Woche nach Feierabend damit beschäftigt ist. Au weia, da könnte ich mir mal eine Scheibe davon abschneiden. Aber ich habe halt einen Naturgarten..hihi.
    Und wir leihen den Nachbarn auch unseren Anhänger zum Abtransport für den Heckenschnitt.
    Und die allerbesten Nachbarn haben unseren Garten und meine unzähligen Blumentöpfe gegossen während wir in DK waren.
    Und wenn unsere Hecke zu sehr wuchert kommt ein : “ Etz kannst fei mal die Heckn schneiden“
    Aber das ist nicht böse gemeint..sondern auch mit einem Augenzwinkern.
    Wir leben auch in einer Spießersiedlung…Wie schön !!

  • puenktchenundwortgestoeber

    Hallo Meermond,
    nun nur noch mit Betonfarbe eine bißchen anpinseln und euer Problem ist für die nächsten Jahre weg. Ihr habt liebe Nachbarn, stelle ich fest. Vielleicht könnte man ja mal den Verwalternachbarn bitten ob er …. vielleicht , wenn er nichts besseres zu tun hat… eventuelll schon Rentner ist…. die Hecke eben mal kurz schneiden könnte.;-)
    Liebe Grüße Wortgestöber

    • meermond

      Hahaha! Das ist echt lustig, entschuldige 😀
      Nein, ich neige prinzipiell zu schnippischen Formulierungen, lache auch sehr gerne über mein eigenes Geschreibsel.
      Der Verwalternachbar ist wahrlich ein hilfsbereiter Schatz. Er kümmert sich sehr rührend um uns und er wollte wohl einfach nur nett sein. Aber irgendwie passend war es schon, gell?
      Steilvorlage 😀

      • Zoé, la Française

        So hatte ich es auch fast verstanden, dachte nur er wollte euch einen liebenswerten Wink damit geben 😉

        Meine damaligen Nachbarinnen (ältere Schwestern) hatten es auch nett gemeint, deswegen der Schiedsmann, der in Frieden die Botschaft brachte, damit ja kein Streit entsteht 😀
        Beim Lesen habe ich spontan an sie denken müssen.

  • kinder unlimited

    Nennt man das „den Wink mit der Heckenschere“ ?

    Sich ordentlich beschäftigen hilft gegen Traurigsein, Abschiede sind immer doof, kenne ich zur Genüge……aber deine Jungs waren ja ordentlich beschäftigt 😉 Ohne Platten sieht es wirklich besser aus 🙂

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