Ich als Mama,  Leben in Dänemark

Philosophie einer Spülmaschine

2003 durfte sich eine damals noch echte Rotfrau über ihre erste Spülmaschine freuen. Überglücklich räumte sie das tägliche Geschirr ihrer zu der damaligen Zeit noch kleinen Familie in ihren neuen Küchenliebling, der fast jeden Tag sein sonores Brummen durch die Wohnung summte.

Bis heute unvergessen sind sowohl die erheiternden „In-die-Maschine-Stopf-Geschichten“ meiner Freundinnen, welche schon lange im Genuss dieses Haushaltshelfers waren, sondern auch die Aussage, dass ihnen das Ausräumen so gar nicht gefiele.

´Wie kann es jemanden auf die Nerven gehen, sauberes Geschirr einfach so und ohne gefühlt stundenlanges Abwaschen und Abtrocknen in den Schrank zu räumen?´, wunderte ich mich seinerzeit.

2016. Dänemark, selbe Protagonistin: Rotfrau, allerdings inzwischen gefärbt:

„Wieso zum Geier ist diese ***- Spülmaschine nie einfach nur leer? Warum muss ich ständig *** – Geschirr ausräumen, bevor ich einräumen kann?!“

Und schwupps schloss sich eine gedankliche Zeitschleife.

Da stand ich nun an meiner Spülmaschine, drehte die Streifentasse nachdenklich in der Hand und schimpfte mich selbst:

„Du solltest dich schämen. Erinnere dich bloß mal daran, wie froh du damals warst, als du zum ersten Mal auf den Schalter drücken durftest!“

Über 13 Jahre sind ins Land – korrigiere – in zwei Länder gezogen und Rotfrau beschwerte sich kürzlich tatsächlich darüber, dass sie die Spülmaschine ausräumen muss. Man kann sich erstaunlich gut an Luxus und Bequemlichkeit gewöhnen und genauso leicht kann man sich neue Aufreger zulegen.

Just in diesem Moment brummt und schwappt es versöhnlich aus der Küche zu mir herüber und ich schwöre hoch und heilig, dass ich seit diesem kurzen Ausraster nie wieder über meine geliebte Spülmaschine gezetert habe. Sie hilft mir, mein Leben bequem und einfach zu gestalten. Sollten Spülmaschinen eine Seele haben, so spreche ich meiner hiermit innigsten Dank aus.

Immer noch die Streifentasse in der Hand drehend begann Rotfrau weiter zu denken.

Verwöhnte Menschen beginnen offensichtlich irgendwann damit, auf hohem Niveau zu jammern. Verwöhnte Menschen haben vergessen, dass es im Leben viel schlechter sein könnte. Nur Menschen, die niemals echtes Leid, echte Dramen oder wahre Not kennen lernen mussten, jammern auf hohem Niveau. Verwöhnte Jammerer.

Und man möge mich hiermit im almighty Muttinetz verachten, mich mobben, mit Zorn überschütten oder einfach nur innigst hassen:

Eltern, die ihre Kinder nicht impfen lassen, sind auch solche verwöhnten Jammerer.

Es ist unbestritten: Dank Impfungen und moderner Medizin müssen wir heute keine Angst mehr vor Kinderlähmung, Pocken, Tetanus und vielen anderen Plagen haben. Schon mal z.B. die verkrüppelten Beine gesehen, die Kinderlähmung hinterlässt? Erzählen Sie doch mal inmitten eines indischen Dorfes – in Indien kennt man Kinderlähmung leider noch zu gut – , dass Sie Ihr Kind nicht impfen lassen, weil es Nebenwirkungen geben kann. Es ist haarsträubend, dass Mütter ihre Kinder absichtlich in „Masernpartys“ oder in Windpockentreffs zerren. Mal abgesehen von üblem Juckreiz und hässlichen Narben bergen die vermeintlich harmlosen Kinderkrankheiten tatsächliche Gefahren!

Und welch ein Witz: Am gefährlichsten sind diese Kinderkranheiten für die Erwachsenen, die sich heutzutage immer häufiger anstecken, weil der Impfschutz seit vielen Jahren aufgrund simpler Hysterie oder beeinflussender Dummheit oder auch besserwisserischer Ignoranz vernachlässigt und kritisch beäugt wird. Röteln für eine schwangere Mutter? Katastrophe! Kinderkrankheiten bei einem jungen Mann, der von einer Familie träumt? Komplett ausgeträumt!

Ich weiß nicht, warum meine Generation den Impfmuffel, der bei meiner Elterngeneration einzusetzen begann, noch weiter ausbreitet. Ihn regelrecht zelebriert!

Was geht in diesen Menschen, den neuen Eltern vor? Simple Angst vor eventuellen Nebenwirkungen?

Natürlich gibt es die! Ich bestreite das nicht. Zusatzstoffe, Risiken – natürlich sind sie da. Leider kann eine Impfung tatsächlich problematisch sein. Und man kann sie in der Tat kritisieren.

Aber allein diesen Spritzen haben wir es heute zu verdanken, dass wir alle scheinbar vergessen haben, wie schlimm die Krankheiten sind, gegen die der winzige Problempieks offensichtlich sehr gut geholfen hat. Impfungen waren und sind eine erfolgreiche Waffe gegen viele Krankheiten. Vielleicht gibt es irgendwann eine bessere, aber sie ist die effektivste, die die Menschen derzeit haben!

Wer Kinder hat, will jedwede Gefahr vermeiden. Ist auch richtig so. Ich will auch nicht, dass auch nur ein einziges Haar meiner Kinder gekrümmt wird. Aber!

Ich will auch nicht, dass Krankheiten, die wir hier schon lange nur noch aus dem Buch kennen, wieder Fuß fassen können! Zu uns kommen Menschen aus aller Welt. Und nicht in allen Ländern der Welt stehen alle modernen medizinischen Möglichkeiten zur Verfügung. Wir müssen nicht nur unsere eigenen Kinder schützen sondern, und auch gerade die, die eben nicht über den selben Schutz verfügen wie andere.

Wer Kinder hat, muss tatsächlich erkennen – MUSS -, dass wir Eltern die Verpflichtung zum Herdenschutz haben: Aktiv wie passiv.

Alle meine Kinder sind geimpft. Mit Absicht. Trotzdem.

Und dass Impfgegner wegen eines riesendämlichen Gerichtsverfahrens in diesen Tagen Bestätigung erhalten, finde ich haarsträubend. Impfung ist eine Riesenchance für die Menschheit.

Das sollten wir nicht vergessen. Wir dürfen es nicht vergessen.

Impfung hat unbestritten dazu beigetragen, die Gesellschaft altern zu lassen. Auch Sie, werte/r Herr oder Frau Impfgegner.

Soderle, nun dürfen Sie mich mit Kritik und Wut überschütten, ich gehe jetzt meine Spülmaschine ausräumen.

 

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Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

14 Comments

  • Silberkopf

    Heute war ich bei meinem Enkel, er zeigte mir sein Pflaster auf dem Oberarm und meinte : Dokta piekt..aua!
    Ich finde Impfungen auch wichtig.

    Und meine Spülmaschine. Unsere läuft bei einem Zweipersonenhaushalt fast täglich weil ich neben Geschirr auch Salatschüsseln,Töpfe und Pfannen reinstopfe!

  • Zoé

    Ich bin impf-Fan. Meinen Impfausweis habe ich immer dabei. Ich habe vor Jahren mal alle Impfen auffrischen lassen, auch gegen die Krankheiten, die ich als Kind schon hatte, weil sich Viren auch verändern können. Kinderlähmung sei nicht mehr nötig, meinte der Arzt, aber das hat sich ja jetzt geändert.

  • puenktchenundwortgestoeber

    Stimmt wenn es dem Esel zu warm ist geht er aufs eis sagt ein Sprichwort. Genauso ist das mit dem impfen, es kommen doch schon vermeintlich ausgerottete Krankheiten wieder. Wir haben so ein Glück, das es Impfungen gibt… un des passiert bei ganz ganz wenigen etwas, ich wüsste in meinem Bekanntenkreis niemanden und mein Doc kennt auch niemanden.
    Übrigen Spülmaschine, Waschmaschine und Kühl/Gefrierschrank sind in meinen Augen die besten Erfindungen in letzter Zeit, ich möchte nicht mehr Geschirrberge per Hand… oder Wäscheberge den ganzen Tag… Odre Lebensmittel die einfach weil es warm ist verdorben sind…
    LG Wortgestoeber

  • rabenzahn

    Ich mecker nicht, ich stimme voll und ganz zu. Windpocken-Partys und so Kram – sowas müsste meiner Meinung nach unter Strafe gestellt werden. Aus meiner Kindheit erinnere ich noch, dass manch einer die Pockenimpfung wegen der unschönen Narben verweigerte. Man bringe mir ein Beißholz…
    Meine Mutter hatte in ihrer praktischen Zeit als Ärztin so viel mit Spätfolgen der Kinderkrankheiten zu tun, dass das Nichtimpfen bei uns nie ein Thema war. Lächerlich dagegen die Impffolgen.
    Was mich ein wenig erschreckt, ist dass die Passivimpfung bei Polio wohl nicht so erfolgreich ist wie die damalige aktive Schluckimpfung… Die nächste Generation wird auch hier aufschrecken…

  • birgitdiestarke

    „Es ist haarsträubend, dass Mütter ihre Kinder absichtlich in “Masernpartys” oder in Windpockentreffs zerren.“

    Gibt es sowas wirklich? Masern können schliesslich tödlich ausgehen und Windpocken sind vielleicht in sich selbst harmlos, aber die Viren bleiben im Körper und können später zu Zeiten der Abwehrschwäche oder des Stresses eine Gürtelrose oder Gesichtsrose oder wo am Körper das eben ist, auslösen. Das habe ich noch gehabt kurz bevor ich aufgehört habe zu arbeiten und musste damit sogar zu einer internationalen Konferenz fahren, weil die dänische Ärztin meinte, dass ich das könnte, trotz schlimmer Schmerzen und harten Antibiotika. Das war abgeschweift, jammer, jammer … 😉 (die Dänen sind allgemein ziemlich schmerzunempfindlich, aber sogar sie nennen die Krankheit „helvedesild“, Höllenfeuer, und so fühlt es sich auch an.) Also an alle, die als Kinder Windpocken gehabt haben: Fahren Sie ihr Abwehrsystem nicht zu weit runter, damit Sie diesem „Höllenfeuer“ entgehen.

    Aber jetzt wieder zum Thema: Als ich Kind war, damals vor langer, langer Zeit, da wurden wir gegen Pocken geimpft und später in der Schule gegen Poliomyelitis in Form von Schluckimpfung. Alles andere war nicht üblich (Anfang der Sechziger). Masern, Röteln und Windpocken würde ich empfehlen und neuerdings, in gefährdeten Gebieten, auch die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), die u. a. durch infizierte Zecken übertragen werden kann, die ja immer mehr nach Norden und in höhere Gefilde vordringen. Das ist etwas ganz Gemeines, und es gibt keine Medizin dagegen.

    Hepatitis B wäre auch eine Möglichkeit. Eine blöde Krankheit, die chronisch verlaufen und zu Leberzirrhose und Leberkrebs führen kann. Hier mein „Leidensbericht“: https://birgitdiestarke.blogger.de/topics/18+Jahre+alt+und+Hepatitis/ und was die Erkenntnisse über Behandlung etc. angeht, scheint man noch nicht viel weiter gekommen zu sein seit damals.

    Die Nützlichkeit der Grippeimpfung dagegen erscheint mir fraglich. Die Impfung kann nicht gegen alle Sorten schützen, und die Viren verändern sich andauernd. Ich bin mehr für Abwehrkräfte stärken in der dunklen Jahreszeit. Natürliches Vitamin C z. B., und mein Mann und ich haben jetzt angefangen, alle zwei Jahre im Januar eine Kur mit rotem Ginseng zu machen.

    … und das mit der Spülmaschine kann ich dir gut nachempfinden. Ich habe früher immer gesagt, so ein Quatsch für zwei Leute, aber man muss sie ja nicht jeden Tag laufen lassen … 🙂

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