Literarisch hochwertig

Aber interessant!

Vor ein paar Jahren habe ich mich an ein Büchlein von Wolf Haas herangetraut. Eigentlich hätte mich schon das grauenvolle Äußere davon abhalten sollen, es zu lesen, aber „Der Knochenmann“ kam in den Kritiken gut weg, weil Kult und so.

Du musst wissen, der Wolf Haas benutzt eine Sprache, die du nicht wirklich mögen musst, weil der schreibt die Verben an die falsche Stelle im Nebensatz. Satzkonstruktion gedanklicher Zusatz!

Als Germanist bekommst du da schon einen Vogel, wenn da einer schreibt, wie es ihm gerade so daherkommt, aber alle links und rechts des Donauufers klatschen begeistert in die Hände, kauften bereits abertausende Exemplare der Krimireihe und lesen eine Brennersaga, die im Wesentlichen eigentlich schon interessant wäre, aber du musst wissen, dass es mehr als nervtötend ist, wenn man als Germanist sich durch endlose Satzungetüme  mit merkwürdiger Grammatik schlängeln muss und sich dauernd fragt, wann der Satz denn endlich vorbei ist und was dann letzten Endes die Aussage des selbigen Satzes ist und ob es überhaupt irgendeine Rolle spielt, auf welcher Seite der Donau man diesen Satz gelesen hat!

Aber interessant.

Irgendwie ist im Umzugsfundus ein Hörbuch aufgetaucht mit dem Titel „Das ewige Leben“. Den Knochenmann hatte ich schon lange vergessen und den hatte ich auch im Rahmen des gewaltigen Umzugs als eines von ganz wenigen Büchern in die Mülltonne befördert, weil Sprache!

So traf es mich wie einen Blitz im Einschusskanal, als ich durch aus den Autolautsprechern herausgelesenen Worten erneut in sprachliche Verwirrungen hineinschwurbelte, dass ich im ersten Moment gar nicht wusste, wie mir geschah! Weil du musst wissen, dass ich diese Woche insgesamt sieben mal in die Arbeit fahren musste und weil die Strecke eine halbe Stunde hin und zurück dauert und ich nicht dauernd die Hitlisten im Radio rauf unter runter anhören will und weil ich auch keine Ahnung habe, auf welcher Seite des Flusses ich mich befinde und ob das auch eine Rolle spielt, habe ich mich dazu entschlossen, mir „Das ewige Leben“ anzuhören. Weil Beschäftigungstherapie und so.

Sie sehen schon, ich bin inzwischen schon völlig im Strudel der merkwürdigen Kunstsprache des Autors gefangen und ich tu‘ mich schon brutal schwer, den pochenden Schmerz aus meinem Einschusskanal im Sprachzentrum wieder rauszukriegen, vielleicht befinde ich mich aber einfach nur auf der falschen Uferseite! Wer weiß das schon?

Ich muss dir sagen, ein paar Kapitel fehlen mir noch, dann weiß ich, ob der Brenner den Fall aufklären kann, weil du musst wissen, jetzt will ich nämlich der Sache auf den Grund gehen und herausfinden, wie das Ganze ausgeht und ob ich nach insgesamt 210 Minuten Kunstsprache überhaupt noch schreiben kann und warum soviele Menschen die Bücher des Herrn Haas so gerne lesen, das Ganze auch noch verfilmen und sich regelrecht überschlagen vor Begeisterung und überhaupt Krimipreis!

Nachtrag: Hörbuch zu verschenken. Wer will’s haben, weil schauderhaft, dafür sehr berühmt?

 

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Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

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