Ich als Mama

vs Mainstream 2016

Mein Großer spielt Counter Strike. Viel und lange.
Er spielte auch mal eine Weile Call of Duty. Der Familienfrieden litt schon oft aufgrund seiner liebsten Freizeitgestaltung und tut es immer wieder. 
Gerade sitze ich im Wohnkinderüberallspielzimmer und denke über das nach, was ich eben erlebt habe:
Mein Sohn zeigte mir heute Abend seine „Welt“. Ich durfte vorhin tatsächlich neben ihm in der verbotenen Puberhöhle sitzen, als er mit vier anderen Spielern eine Mission bei Counter Strike gespielt hatte.
Die Kommandos flogen schneller aus dem Lautsprecher als die Kugeln auf dem Bildschirm. Schnell zusätzlich links im Chat noch ein, zwei Worte getippt, Waffenwechsel, Schuss, tot. Von vorne. Der russische Bursche (er klang nicht sehr alt) brabbelte zeitweise etwas verärgert, worüber mein Sohn sich aber nur amüsierte.
Kaum hatte ich mich im stupiden Herumlaufen und -schießen in immer der gleichen Wohngegend zurecht gefunden, war das Spiel plötzlich vorbei. Gewonnen. Aha! Und wieso? Wer? Wann? Wie?
Dann durfte ich – sehr zur Belustigung meines Großen selbst zur virtuellen Waffe greifen. Nachdem ich ein paar Gegner tot geschossen hatte, entdeckte ich freilaufende Hühner. Die abzuschießen fand ich weit amüsanter, denn da flogen immer albern viele Federn durch die Luft. Preußenbayer zeigte mir weitere Hühner, auf die ich meine virtuelle Jagd fortsetzte…
Die Toten können bei Counter Strike nicht genau betrachtet werden, sie verschwinden nach sehr kurzer Zeit. Lediglich ein großer, gesprenkelter Blutfleck erinnert noch an sie.
Was soll ich nun als Mutter dazu sagen? Tja, ich weiß nicht…
Ich redete mit ihm über das Spiel, seine Erlebnisse und seine Begeisterung. Ich bat ihn, vielleicht doch Pokemon Go zu versuchen, um wenigstens ab und an frische Luft zu atmen.
Es war ein gutes Gespräch. Wir diskutierten, wieso und ob man aufgrund Counter Strike tödlich aggressiv werden könne, denn Moorhuhnschießen verfolgte meiner Meinung nach nämlich ein ähnlich sinnloses Geballer und war bedeutend lustiger!
Sohn: Moorhuhnschießen ist lustig, aber Counter Strike punktet durch notwendiges, strategisches Denken.
Mama: Tja, in Absprache mit anderen in einer geordneten Aufstellung hätte man sicher noch mehr Moorhühner schießen können.
Sohn: Mama! 
In diesem Punkt weiterhin uneinig gingen wir im Anschluss in die Küche, räumten auf und probierten einen Himbeerlimes, dann guckten wir eine YouTubeanleitung, wie man eine 500ml Wasserflasche in 1,5 Sekunden trinken kann. Sohn zeigte es mir in Realität (Iiiiiiiih!) und verkrümelte sich wieder in die Tiefen seiner Puberhöhle…
Eine Welt, die ich nicht mehr verstehe – zugegeben.
Aber wer aus dieser Welt als Schlechter herausgeht, der wäre es auch damals geworden – als wir noch auf Moorhühner geschossen hatten.

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Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

20 Comments

  • puenktchenundwortgestoeber

    Hallo Meermond,
    vielleicht sollten wir doch die Rente einreichen;-) ?Ich versteh immer nur Bahnhof. Ich kann und werde glaube ich nie irgedwelchen sogenannten Actionspielen auch nur das geringste abgewinnen. Was ist so toll daran da wen zu erschießen? Aber vielleicht liegts ja
    am Unterschied zwischen Männern und Frauen…oder einfach am erwachsen werden..
    LG Wortgestoeber

  • Stella, oh, Stella

    Die meisten Jugendlichen wissen zu unterscheiden zwischen ihrem Spiel und dem wirklichen Leben. Sie bekommen durch diese Ballerspiele unglaublich schnelle Reflexe. Die Söhne meines Mannes hatten damals einen Gameboy, den mit dem schrecklichen Gedudel. Ich habe das einmal versucht. Bevor ich überhaupt begriffen hatte, was da auf dem Display vor sich ging, war ich schon tot. 😉

      • Stella, oh, Stella

        Ich kenne deinen Grossen ja nicht, aber was du so erzählst, muss er ein sehr sympathisches Pubertier sein. Und mutig. Wenn ich daran denke, in welchem Alter er von seinen Eltern brutal dazu gezwungen wurde, in ein anderes Land zu ziehen, Freunde zu verlassen, neue Sprache etc. 😉 😉 Nee, also wirklich, imponierend!
        Ich habe gar keine Lust auf Computerspiele, welcher Art auch immer. Ich lese lieber Comics, hehehe.

  • Anny Page

    Es ist nicht „nur“ das „Spielen“ daran Schuld….scheinbar ist es aber die einfachste Denkweise für die Mehrheit….Ich hab Lemminge toll gefunden und die hat man ja auch in die Luft gejagt…

      • Anny Page

        hahaha…..ja die Moorhühner….dürfte man dann eigentlich noch Disney Filme zeigen???? Oder die Nachrichten? Schließlich ist da ja überall Gewalt drin ….mmh…

        • Meermond

          Nachrichten heute sind weit brutaler und realistischer als früher. Ich durfte als Kind Tagesschau angucken und sah immer nur iranische oder irakische Panzer fahren. Tote oder grausame Videos von schießenden Irren gab es damals nicht.

          • Anny Page

            Da hast du vollkommen Recht! Das finde ich so krass! Und überall werden so Videos hochgeladen und man landet manchmal zufällig drauf und dann WUmmm…du siehst wie jmd stirbt. Wie krass ist das denn bitte? Ich hab auch noch Nachrichten mit geschaut..mag zwar zensierter gewesen sein, aber muss man wirklich die Menschen auf diese Art informieren wie es heute getan wird? Die Würde des Menschen ist …..kann ja jeder selbst beantworten….

  • kinder unlimited

    es ist doch toll, dass er dich teilhaben lässt. Meine Jungs haben die gleichen Spiele nächtelang gespielt und sind alles andere als aggressiv. Genauso wie zigtausend andere Teenager……es ist eine Phase und das eigentliche Töten ist ihnen völlig egal, es geht darum zu gewinnen……Solche Spiele machen keine Killer, das ist Blödsinn…..

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