Leben in Dänemark

Dinge, die anders sind in Dänemark

Vorwort:
Derzeit steigt die Zahl an Fragen über Dänemark deutlich, daher werden diejenigen Leser, die sich an witzigen Geschichten über meine Zwillinge erfreuen, um Geduld gebeten. Sollte ich mich inhaltlich wiederholen, so bitte ich bei meinen teilweise langjährigen Lesern um Verzeihung.
Vielleicht sollte ich langsam über eine thematische Aufteilung meines Blogs nachdenken? Über Anregungen, Kritik und Gestaltungstipps freue ich mich sehr.

Man möchte meinen, dass ein Land, das so eng mit Deutschland verbunden ist wie Dänemark, nicht wirklich anders sein kann. Und vieles ist auch so, wie wir Deutschen es kennen (und mögen), aber eben auch nicht alles.
Nach zwei Jahren im nördlichsten Teil des Landes erlaube ich mir einen Vergleich zu ziehen.
1. Wohnen
In Dänemark wohnt man überwiegend in Eigenheimen, Eigentumswohnungen bzw. Anteilseigentum. Letzteres erwirbt man sich gemeinsam mit anderen Anteilseigentümern. Natürlich gibt es Mietobjekte, aber aufgrund fehlender Vorfälligkeitsentschädigungen / Auflösungsgebühren oder ähnlichen Finanzungetümen für Hauskredite kauft man sich hier lieber sein Zuhause. Der Wohnungs- und Häusermarkt ist flexibel, man kauft und verkauft nach jeweiligen Lebensumständen. An dem Tag, an dem man seine Hypothek (hier eine Obligationsanleihe) ablösen will, werden die zugrundeliegenden Wertpapiere zum aktuellen Tagessatz verkauft und das war es dann auch – soweit ich das verstanden habe. Zumindest hat unser Bankberater ziemlich große Augen gemacht, als ich mich über dänische Gepflogenheiten erkundigte und ihm von den wahnwitzigen „Strafbescheiden“ deutscher Kreditinstitute im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung  von Krediten berichtete.
Dementsprechend baut man hier auch anders: Man baut nicht für die Ewigkeit, sondern für den aktuellen Bedarf. Und wenn man keine Riesenvilla mehr braucht, dann verkauft man sie wieder. „Hier trägt man mich nur noch mit den Füßen voran hinaus“, bereits mehrfach von deutschen Häuslebauern gehört, wird vermutlich nur wenigen Dänen sympathisch erscheinen. Ich selbst bin schon wieder am Überlegen, wann wir unser Haus wieder auf den Markt geben werden…
Als Deutscher darf man nur dann ein Haus kaufen, wenn man es selbst bewohnt. Und wohnen darf man in Dänemark nur mit Aufenthaltsgenehmigung. Sollten Sie von einem saisonalen Feriendomizil in den Dünen träumen, dann muss ich Sie enttäuschen.
2. Makler
Leider findet man ohne Makler kein Haus. Es ist hier noch nicht üblich, ein Haus ohne Makler zu verkaufen oder zu erwerben. Der Verkäufer zahlt für selbigen. Wer kaufen will, findet viele Annoncen in sämtlichen Gratiszeitungen. Unter www.boliga.dk können bisherige Verkaufspreise des Objekts eingesehen und mit anderen Hauspreisen verglichen werden und so eine gute Verhandlungsbasis geschaffen werden. Und dann bietet man – viel Glück! Der angegebene Preis ist nämlich als Verhandlungsbasis zu verstehen.
Eine genaue Auskunft über die ganzen Versicherungen – die vorgeschriebene, sogenannte ejerskifteforsikring haben wir selbst noch immer nicht ganz verstanden: Sie war nur für die Verkaufsvorgang selbst und wurde zur Hälfte vom Verkäufer mitgezahlt. Aber was genau deckte die eigentlich alles? – erhält man beim Makler oder auch bei der Bank.
Vor dem Hauskauf muss ein Gutachten erstellt werden, aber Vorsicht: manche Gutachter lassen das Objekt der Begierde in ziemlich strahlenden Licht erscheinen. Da der Verkäufer dieses Gutachten bezahlen muss, sind solche „Nettachter“ besonders beliebt. Wie wir jetzt wissen müssen, sind diese „Nettachter“ bei Versicherungen und Banken aber durchaus bekannt!
Mein Tipp: Gutachten dankend annehmen, damit zu Bank/Versicherungsvertreter gehen und besprechen. Danach erneute Besichtigung des Objekts vereinbaren und dann erst mit den Preisverhandlungen beginnen. Wir haben das Gutachten und die Verträge nur von einem Anwalt überprüfen lassen, was ich inzwischen als nicht ausreichend bezeichnen möchte.
3. Sprache
In Dänemark ohne umfassende Dänischkenntnisse Arbeit zu finden ist schwer bis unmöglich. Wer auswandern möchte, dem rate ich dringend zu vorbereitenden Sprachkursen bereits in Deutschland.
Sobald man dann im Land lebt, darf man die AOF besuchen. An dieser AOF erhält man Sprachunterricht, der von der Kommune bezahlt wird. Man kann entweder abends hingehen (einmal in der Woche, vier Stunden) oder in die weit effektiveren Tageskurse gehen. Da man aber ohne Arbeitsvertrag keine Aufenthaltserlaubnis erhält, bleiben für viele nur die doch ziemlich anstrengenden Abendkurse. Wenn man 250 Stunden absolviert hat – nach jeweils 50 Stunden muss die Aufenthaltsgenehmigung erneut bei der Kommune vorgelegt werden -, tritt man zu einer Prüfung an. Man hat die Möglichkeit, nach bestandenem Examen weitere Kurse zu belegen, wir verzichteten aber darauf.
Selbst bereits viele Jahre in Dänemark lebende Menschen haben ohne dieses Sprachzertifikat Schwierigkeiten, außerhalb einer Schweinefarm Arbeit zu finden. In diesen Kursen traf ich zum Beispiel auf eine rumänische Wirtschaftsmathematikerin, die sich endlich nach einem richtigen Beruf sehnte…
4. Arbeit
Der  dänische Arbeitsmarkt ist deutlich flexibler als der deutsche. Kündigungsfristen sind extrem kurz oder gar nicht vorhanden, Sozialpläne gibt es eigentlich nicht. Ich würde das mit amerikanischen Verhältnissen vergleichen, denen hier aber ein deutlich besseres Sozialnetz zugrunde liegt. Dennoch gibt es langjährige Mitarbeiter in den Firmen, für die großzügige Feiern abgehalten und/oder Geldgeschenke überreicht werden. Man arbeitet gerne und die Firmen wissen das zu schätzen. Der Chef ist Teil des Teams und schwingt den Besen am Ende einer Personalveranstaltung genauso wie der Lehrling. Zusatzleistungen durch den Arbeitgeber (Gutscheine, Rabatte, Vergünstigungen auch bei Partnerfirmen) sind hier genauso normal wie unbegreiflich üppige julefrokost – Veranstaltungen (Weihnachtsfeier), zu denen man mit Abendkleidung in die Firma kommt. Zum Vorstellungsgespräch darf man übrigens in ganz gewöhnlicher Kleidung erscheinen, bitte ja kein Anzug oder Kostüm…
Man bewirbt sich überwiegend online, auf Bilder wird verzichtet. Ein klasse CV (Lebenslauf, im Idealfall natürlich auf Dänisch) und eine Auswahl an Qualifikationsbescheinigungen reichen aus, um eine Einladung zu einem Bewerbungsgespräch zu bekommen. Allerdings muss man davon mehrere absolvieren. So spricht man beispielsweise nicht nur mit dem Personalchef, sondern ggf. auch mit den zukünftigen Teamkollegen, dann mit den Abteilungsleitern usw. Wer ins Team passt, der erhält die Zusage.
 
Weitere Infos folgen.
 

Teilen:

Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

14 Comments

  • Stella, oh, Stella

    Ein bisschen Senf dazu (ich hoffe du hast nichts dagegen, Meermond, sonst löschen):
    1) Wohnen: Ausländer dürfen in Dänemark nur Firmenimmobilien oder Privatwohnungen zur Eigenbenutzung besitzen. 1997 wurden die Sonderrechte diskutiert, denn in Griechenland durften Ausländer auch keine Ferienimmobilien besitzen. Griechenland wurde das Recht 1997 aberkannt, Dänemark behielt es …
    Das mit der Aufenthaltsgenehmigung gilt überall in Europa. EU-Bürger, die in Deutschland wohnen und arbeiten wollen, benötigen auch eine. Ich persönlich finde das merkwürdig, weil man doch immer von dem freien Bewegungsrecht innerhalb der EU redet.
    Eine Aufenthaltsgenehmigung ist nicht unbedingt an einen Arbeitsvertrag gebunden. Man kann sie beantragen entweder a) in Verbindung mit einem Arbeitsvertrag – in dem Falle wird man rausgeschmissen sobald der Vertrag beendet ist, oder b) als EU-Bürger, wobei man beweisen muss, dass man sich selber versorgen kann. Diese Versorgung kann ein Arbeitsvertrag sein, eine Pension, Vermögen etc. Als dritte Möglichkeit gibt es noch die Familienzusammenführung, wo man eine Wohnung und einen bestimmten Betrag auf dem Konto nachweisen muss. Zur Untermiete wohnen wird in diesem Zusammenhang nicht anerkannt, entweder Mietwohnung oder Eigentum.
    Wenn man in Dänemark arbeitet empfiehlt es sich eine Arbeitslosenversicherung abzuschliessen (privat), denn dann bekommt man nach Verlust des Arbeitsplatzes 2 Jahre lang Arbeitslosengeld, was auch unter Selbstversorgung fällt. Wenn man das nicht tut, verliert man nach Verlust des Arbeitsplatzes das Aufenthaltsrecht, wenn man wie unter a) beschrieben angesucht hat. Das erzählen einem die Behörden nicht. Also als EU-Bürger immer als ein solcher ansuchen, sonst ist man u. U. in den A**** gekniffen.
    Wenn man unter b) angesucht hat, müsste man Recht auf Tagegeld haben, wenn man keine Arbeitslosenversicherung abgeschlossen hat. Aber hierfür kenne ich die Regeln nicht so genau. Ausserdem ist das sehr wenig.
    2) Makler (eine richtige Mafia in Dänemark!): die „ejerskifteforskring“ schliesst man ab, um verdeckte Schäden zu decken. Ich glaube sie gilt für 10 Jahre. Ein schleichendes Leck im Dach oder sowas, wo man die Schäden vielleicht erst ein paar Jahre später bemerkt, die Ursache aber vor der Übernahme liegt.
    3) Sprache: Ich bin erst zu Vorstellungsgesprächen eingeladen worden, als ich in meinem CV verheimlicht habe, dass ich in Hamburg geboren bin.
    4) Arbeit: Ich finde es toll, dass man hier darauf achtet, wie man in das Team passt. Das bedeutet ja auch, dass man sich Gedanken darüber macht, wie sich die Angestellten fühlen. Viele meiner dänischen Kollegen bei der WHO sind zu dänischen Firmen gewechselt. Denen war das bei der WHO zu hierarchisch. Ausserdem hatten viele der akademischen Kollegen die Tendenz sich als mehr Wert zu fühlen als das administrative Personal. Darauf stehen Dänen so gar nicht.

  • Ulli

    Das finde ich alles sehr, sehr spannend, danke, dass du dies mit uns teilst! Mir gefällt das, was du über den Arbeitsmarkt schreibst, da ist hier doch vieles noch immer sehr altbacken, leider! Nicht umsonst tummel ich mich ja seit Jahr und Tag im alternativen Bereich, in der normalen Arbeitswelt wäre ich schon rentenreif und krank … versucht habe ich es ja, nein, das geht gar nicht!
    herzliche Grüsse
    Ulli

  • Myriade

    Vielen Dank für den interessanten Insider-Bericht ! Meine ursprüngliche Blogger-Motivation waren genau solche Berichte aus den verschiedensten Ländern. Nun, inzwischen sind zwar noch ein paar andere Motivationen hinzugekommen 🙂
    Von Dänemark wusste ich bisvor einem Jahr kaum etwas. Ich habe das Land einfach zu Skandinavien dazugerechnet. Daher hat mich das Durchsetzen der äußerst restriktiven Einwanderungsbestimmungen im Vorjahr sehr gewundert und ich habe mich ein bisschen informiert.
    Ich freue mich auf weitere Berichte, lese aber auch gerne deine Familiengeschichten. Man kann Bereiche ja einfach durch tags auseinanderhalten für diejenigen, die Bestimmtes lesen wollen. Ich selbst mag aber vielfältige blogs sehr gerne.
    mit herzlichen Grüßen

Kommentar verfassen