typisch dänisches Ferienhaus in Dänemark
dänische Kultur,  Essen

Dänische Kultur: Was ist „typisch dänisch“? [2]

Vor unserem Umzug wussten wir nur wenig über die dänische Kultur. Den gelebten Alltag und was alles damit zusammenhängt, also typisch dänisch ist, entdeckten wir erst hier im Land. Nachdem ich in einem ?ersten Beitrag zur dänischen Kultur auf Familien- und Arbeitsleben eingegangen bin, möchte ich mich im zweiten Teil ein wenig ausführlicher mit einem sehr wichtigen Punkt in der dänischen Kultur befassen: Essen.

Siehe auch:
Teil 1
Teil 3

Essen ist wichtig für Leib und Seele und erfüllt neben der Befriedigung physischer Grundbedürfnisse auch einen sozialen Zweck – wenn es denn innerhalb einer Gruppe geschieht.

Ich persönlich liebe es, am Abend mit meiner Familie zu essen. Wir sehen uns oft den ganzen Tag nicht und so kann man endlich überprüfen, wie die geliebten Familienmitglieder gerade aussehen und ob sie auch alle gesund und munter sind. Alle Eltern eines Pubertiers können dieses mütterliche Bedürfnis sicherlich nachvollziehen.

1. Typisch dänisch: Fællesspisning

Essen in Gemeinschaft ist eine ganz besondere Form des sozialen Miteinanders: Es führt Menschen aus verschiedenen Generationen und/oder Nationalitäten zusammen.

Beim Essen pflegt man also dänische Hygge! Dänen essen in der Tat gerne und sie lassen sich auch Zeit dafür. Wenn es einen Anlass zu einer Feier gibt, wird das gemeinsame Essen richtig zelebriert. Ich habe schon öfter erlebt, dass zwischen den einzelnen Gängen ein Liedchen angestimmt [fællessang] wurde. Fröhliche Geschichten und Schnaps gehören eigentlich häufig dazu. In manchen Restaurants steht das dreieckige Glas schon unaufgefordert bereit.

Frokost mit Aquavit

Gibt es nicht immer einen Anlass, hyggelig miteinander zu essen, so kann es durchaus sein, dass eine gewöhnliche Kaffeepause in der Arbeit zu einem Kuchenfest umfunktioniert wird. Bekanntlich lieben die Dänen Kuchen und so ein Lagkage ist schließlich schnell gezaubert.

Dänischer Lagkage
Lagkage = Schichtkuchen

2. Wurst und Fleisch statt

Vor einer Weile hatten wir Besuch von unseren Nachbarn. Sie wollten schon seit unserem Einzug einmal Weißwürste, Brezen und Sauerkraut probieren. Zufällig waren alle Lebensmittel im Übermaß vorhanden und so konnten wir die nachbarschaftliche Neugierde befriedigen. Während sie das Sauerkraut eher sehr merkwürdig fand, konnte er gar nicht genug davon bekommen und die Brezen waren sowieso der Hit. Begeistert mampfend fragte Jan mich schließlich, ob wir denn auch mal was Dänisches essen würden.

Wurst
Sauerkraut kennen die Dänen nicht – Wurst dagegen schon.

Was er denn darunter verstehe?

Na medisterpølse (eine grobe, riesige Wurst, die entweder gegrillt oder gebraten wird), stegt flæsk (das sind stark gebratene Bauchfleischscheiben mit Kruste, die zu Petersiliensauce und Kartoffeln serviert werden) oder hakkebøffer (entweder mit Speck ummantelte oder auch pure Hackfleischklöße [ich nenne die Dinger mundartlich Fleischpflanzl], zu denen man reichlich braune Soße und Kartoffeln reicht)!“

Der aufmerksame Leser bemerkt umgehend die Fleischlastigkeit dänischen Essens, bei dem man als Vegetarier schon mal durcheinander kommen kann. Bis heute verwechsle ich stegt flæsk (Fleischscheiben) und flæskesteg (Schweinebraten) miteinander. Im dänischen Norden beherbergt man nicht nur mehr Schweine als Einwohner, man hat erstere in der Tat zum Fressen gern.

3. Vegetarier sind Exoten – zumindest im Norden von Dänemark

Ein Essen ohne Fleisch scheint hier nicht durchweg als vollwertige Nahrung zu gelten und zu Vielem kann man dann Bacon servieren, wie eine Mitteilung von Alexander vermuten lässt:

„Heute gibt’s Lasagne in der Kantine. Dänische Lasagne geht so: Die Form zur Hälfte mit Hackfleisch und etwas Tomatensauce füllen, eine dünne Lage Nudelplatten darauf, und dann den Rest mit Hackfleisch auffüllen. Backen, bis die Nudeln weich sind. Wem dies zu fleischarm ist, darf noch eine großzügige Lage Bacon oben drauf legen.“

Im Supermarkt können in den Selbstbedienungstheken gewaltige Schweinebraten (halbe Sau am Stück ?) erworben werden und auch Hackfleischpackungen mit zwei Kilos sind im üblichen Dauerprogramm. Sehr beliebt sind Roastbeef und Leverpostej, welche häufig auch warm und frisch gebacken angeboten wird.

Gerade am Freitag scheint es nicht nur üblich zu sein, Blumen und slik (Süßigkeiten) zu kaufen, sondern auch zu den vielseitigen, preiswerten Fertiggerichten (siehe unten, ca. 10 Euro), die in den Fleischereiabteilungen größerer Supermärkte vorbereitet werden, zu greifen:

typisch dänisches Essen Fertiggericht
Typisch dänisch!

Huhn mit Wurst – einfach Sahne dazu und ab damit in den Backofen. Hurtig og nemt (schnell und einfach)! Meinen Fleisch essenden Jungs hat dieses Gericht sehr geschmeckt. Übrigens auch die anderen Gerichte, die ich seither gekauft hatte. Stets waren sie liebevoll vorbereitet und angerichtet. Und ich erspar(t)e mir das Kochen von zwei Gerichten.

4. Smørrebrød

Zur frokostpause (Mittagpause) wird gerne das bekannte smørrebrød gegessen, welches meiner Meinung nach immer wieder auf’s Neue schön anzusehen ist. Es werden dazu regelrechte Kunstwerke auf kleine Roggenbrotscheibchen gestapelt, denen man sogar Namen gibt: Stjerneskud, Dyrlægens natmad oder Sol over Gudhjem. Als Belag kann man zwischen Leberwurst (mit roter Beete), Hering, panierten Fischfilets mit Krabben, Roastbeef und vielem mehr wählen. Verziert wird beispielsweise mit Sprossen, Kräutern und Salat:

dänisches Smörrebröd

Wer in Dänemark urlaubt, sollte sich das wirklich einmal gönnen! Man kann sie in größeren Supermärkten fertig kaufen. Eine vegetarische bzw. vegane  Variante habe ich bisher leider nicht entdeckt.

5. Der dänische Sommergeschmack: Koldskål

Wenn der Sommer naht, kommt sie in zahlreichen Varianten zurück in die Kühlregale: die Kaltschale! Laut Wikipedia handelt es sich um ein Milchgericht mit Buttermilch, aber das finde ich eher unpassend. Es gibt nämlich verschiedene Varianten, eine koldskål zuzubereiten und würde meine Mama noch leben, so hätte sie sie vermutlich genau so gemacht, wie die mormor koldskål: mit Dickmilch, Ei, Zitrone, Zucker und Vanille. Cremig, weich, vanillig. Und man kann sie sogar selbst machen:➡ hier ist mein Rezept.

dänische koldskål
Koldskål – so schmeckt der dänische Sommer

Im Prinzip mögen wir alle, egal ob mit Dickmilch oder mit Buttermilch zubereitet, ob mit Erdbeere oder Zitrone. Sie schmecken allesamt köstlich und sind erfrischend. Nicht, dass dänische Sommer so heiß wären, dass man Erfrischung nötig hätte, aber hat man zumindest das Gefühl, dass es draußen heiß ist.

Eine koldskål wird als Zwischenmahlzeit zusammen mit den sogennannten kammerjunkern oder verschiedenem drys gegessen. Keine Sorge, wer das gerne probieren möchte, der findet üblicherweise in unmittelbarer Nachbarschaft zur Kühltheke alles, was das Volk froh macht (vgl. Aufdruck) oder bereits fertig zubereitete Becher:

dänisches Essen Kammerjunker
Kammerjunker (enthält Werbung)

6. Cider

Wenn die Tage wieder länger werden, halten sich Dänen vorzugsweise draußen auf. In den nachbarlichen Gärten wird fleißig gemäht, die Grills rauchen und das bekannte Knack-Zisch kommt zurück. In Dänemark trinkt man nämlich viele Getränke aus der Dose.

Vielleicht hast du schon einmal im Grenzsupermarkt beobachtet, dass sich manche Dänen ihren Kofferraum randvoll mit Getränkedosen laden? Dosenbier, -cola und -cider gehören zum dänischen Sommer dazu.

Cider gibt es in unterschiedlichen Varianten und ich gestehe, ich mag sie fast alle. Jeden Sommer trinke ich mich durch das farbenfrohe Sortiment und durch unterschiedliche Alkoholgehalte. Schließlich gibt es jedes Jahr neue Sorten und Geschmäcker und neue Farben und …

Dänischer Cider
Typisch dänisch: Cider

Na dann wünsche ich ein herzliches Skål! Das ist nämlich auch typisch dänisch!

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Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

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